Serie: Die gute alte Zeit.

  

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Auf Freiersfüßen.

Wie war die gute Stube sonst so traulich,

 Wenn Ännchen mit am Kaffeetisch saß,

Und wenn ich scherzend und so recht beschaulich

Von ihrer Muter Selbstgeback'nem aß.

                                                                                                                

Wie blickte sonst Großvaters Silhouette,

nicht halb so ernst wie heut, nicht halb so kühl,

Ach wenn ich doch schon Mutters Jawort hätte,

Ach hätt' ich doch erreicht mein schönstes Ziel.

 

Frau Rätin sitzt mit ernst gemessener Miene

Und fragt -, und fragt -, ich hätt' es nie gedacht,

Das ich ihr gar so zweifelhaft erschiene;

Sie hat doch sonst so heiter nur gelacht.

 

Ja wie ich kam, da wußt' ich ganz entschieden,

Was ich zu sagen hätt', und auch wohl -  wie.

Nun ist es mir, als ob mein Blut wollt sieden,

Es zittert der Zylinder mir am Knie.

 

Wie sind die Handschuh' heiß, wie hoch mein Kragen,

Der neue Rock bestimmt ist viel zu eng gemacht.

Dabei - ich glaube gar - 's ist nicht zu sagen,

Mein Ännchen an der Türe horcht und lacht.

 

Doch eins weiß ich, das soll der Himmel walten,

Verloben, ach, ist schön und gar nicht schwer;

Doch einmal von dem Ännchen anzuhalten,

Das wär' zu viel, das könnt' ich nimmermehr.

Bekanntmachung.

                                                                                                                      

Kling ling! Der städtische Ausrufer geht

In Straßen und Gassen die Rund',

Die Alten, sie sperren die Ohren auf,

Die Kinder dazu noch den Mund.

 

Gar mancher behende eilt vor die Tür,

Manch' Fensterlein öffnet sich weit,

Es lauschen die Kleinen - der Meister - die Magd,

Die Dame im modischen Kleid.

 

"Frau Budde hat Kirschen, en Schilling das Pfund,

Upn Stadtmarkt von Zwölfe bis Vier,

Un Bäcker Braun sein Karo is weg,

wer'n fängt, kriegt en Taler dafür."

 

"Un Seiltänzer kommen am Sonntag nach hier,

Zu zeigen die höhere Kunst,

Wer zugucken will, einen Schilling bezahlt,

Man bittet um Zuspruch und Gunst!"

 

"Bei Weber Klatten heut' abend um sechs

Versteigert man sein Mobilar

Un was sich da noch vorfinden tut - 

Un alles zu bezahlen in bar!"

 

Gar mancher behende eilt vor die Tür,

Manch Fensterlein öffnet sich weit,

Man hört die lebend'ge Annonce von einst

Von der guten, - der alten Zeit.

  Der Dichter.

                                                                                                                  

Ein Stübchen, ein Bettchen, ein Öfchen, ein Tisch

Ein Blümchen, ein Stühlchen, ein Vögelchen frisch,

Ein Tintenfaß, Feder, Papier - - - und bereit

War damit ein Dichter in früheren Zeit.

                                                                                 

Das jubelte in seinem Herzen so hell,

Wie kamen die schönsten Gedanken so schnell,

Wie jauchzten die Lieder in lieblichen Reih'n,

Im Dichterstübchen war Sonnenschein.

 

Nichts fragte der Dichter nach Geld und nach Gut,

Er trotzte dem Schicksal mit fröhlichem Mut,

Er schrieb nur für sich, nicht für Ruhm und für Ruf

Und doch kennt die ganze Welt, was er schuf.

 

Wie anders ist's heut' mit den Dichtern bestellt,

Sie sind die modernsten Kinder der Welt,

Ein eig'ner Palast und ein stilvolles Heim

Das bringt ihnen "Stimmung". beeinflußt den Reim.

 

Der Anzug, der Hut, die Krawatte, der Schuh,

Der Schreibtisch, der Lehnstuhl, die Kissen dazu,

Sie alle verraten vollendeten Stil,

Doch davon besitzt das Gedicht meist nicht viel.

 

Sie quälen die Nerven mit Tee und Absinth,

Wonach denn auch schließlich die Dichtkünste sind.

Ruhm, Geld sucht die Dichterkunst, der Dichter von heut',

Das Edle verschwand mit der gutalten Zeit!

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Der Nachtwächter.

 

Hört, Ihr Herren, und laßt Euch sagen,

Die Glocke hat Eins geschlagen!

Tut! . . . . Tut! Na Gott sei Dank

Das Städtchen schläft und auf dieser Bank

Kann ich bis zum nächsten Tuten und Singen,

Ein Stündchen der schönsten Ruhe verbringen.

 

Schön warm ist es heut', nur an etzlichen Stellen

Die Kater miau und Hunde bellen

Wovon unser hochwohlweiser Rat

Zwar Ärger, doch gar keinen Schaden hat.

's ist Frühjahr und der Kastanienblüte

Hat Einfluß auch auf der Tiere Gemüte.

 

Diebe und Räuber gibt es bei uns ja keinen,

Und gäb es je und je wirklich mal einen,

So melde ich dann doch dem Magistrat

Am anderen Morgen submissest die Tat.

Doch so 'nen Kerl mal leibhaftig zu kriegen,

Das ist nichts für mich und macht kein Vergnügen.

 

Ja, als ich noch in jungen Jahren,

Mich mit den Franzosen herumgeschlagen,

Da fürchtet ich mich vor dem Teufel nicht,

Doch heut' bin ich klapprig und hab' die Gicht.

Last den Gendarmen die Kerle doch strafen,

Ich bin zu müd' gute Nacht ich will schlafen.

Großpapachen.

 

Großpapachens Schokolade,

Dampfend, duftend, süß und frisch,

Setzt dem Meiß'ner Henkelkännchen

Enk'lin Gretchen auf den Tisch.

 

Großpapachen lächelt fröhlich,

Schokolade liebt er sehr

Und sein Enkelkind, sein Gretchen,

Liebt er sicher noch viel mehr.

 

Großpapachen sitzt im Garten,

Drinn' im Haus ist's nicht so fein,

Grünen, blühen, leuchten muß es,

Soll ihm wirklich wohlig sein.

 

Großpapachen liebt die Sonne!

Auch sein Lebensabend muss

In der Sonne Schein verglühen

Lichtflutliebend bis zum Schluß.

 

Großmama ist heimgegangen,

das nur ist sein einz'ger Schmerz,

Denn an seinem treuen Liebchen

Hängt noch über'm Grab sein Herz.

 

Großpapachen blickt auf Gretchen,

Aus dem Enkel-Antlitz heut

Schaut wie einst sein Großmamachen

In der guten alten Zeit.

Serenissimus.

 

Fahnenwehen, Glockenläuten.

Von den Böllern Schuß auf Schuß,

Künden laut dem braven Volke

Jetzt kommt "Serenissimus".

 

Bürgermeister Adelgunde,

Schüchtern senkt die Augen sie

Vor den hoheitsvollen Blicken

Höchstselbst "Serenissimi".

 

Stadtrat Krause schwingt die Rede

Und sein Herz klopft bang und froh,

Heil dem Volke! Heil dem Lande!

Heil auch "Serenissimo".

 

Runde Bäckchen, blaue Augen,

Und das, was so dran und drum,

Freuet Adjutant, Gefolge,

Freut auch "Serenissimum".

 

Kneift ein wenig in die Backen

Hoheit, - nun das tut nicht weh,

Adelgundchen, ganz glückselig,

Seufzt nur - - "Serenissime!!"

 

Die Gazetten schildern's treulich,

Und ein Stadtpoet singt froh

Für die Nachwelt ein Poemchen -

Nur von Serenissimo".