Serie: Dörchläuchting.

  

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Dörchläuchting bereist seine Staaten.

In "Dörchläuchting" schildert Fritz Reuter mit köstlichem Humor den Hofhalt des Großherzogs Adolf Friedrich von Mecklenburg - Strelitz. Die kleinen deutschen Fürsten suchten es in allem den Großen nachzutun, besonders in äußerlichem Prunk, ohne jedoch genügend Mittel zu besitzen. Auf diese Weise entstanden die komischen Situationen, welche Reuter festhält. Auf unserem Bilde sieht man die Staatskarosse von Dörchläuchting, in welcher er eine Reisen durch seine Staaten macht. Voraus traben zwei Läufer , Wilhelm Halsband und Fleischfresser mit Namen, auf dem Kutschbock sitzt der Kammerdiener und hinten auf der Kutsche stehen die Lakaien. Von den zwei Pferden ist das eine geliehen, da das zweite eigene Fußkrank ist. Der Zweck dieser Reise war der, einen geeigneten Ort für den Bau eines Schlosses auszuwählen.

Die Lakaien retten Dörchläuchting.

Neubrandenburg ist die bevorzugte Stadt, in welcher Dörchläuchting sein Schloss erbauen läßt, welches sich wenig von einem einfachen Privathause unterscheidet. die pekuniäre Lage des alten Herrn war eine ziemlich schwierige, denn das Land litt unter den Lasten des Siebenjährigen Krieges. Die Bedrängnis war so arg, daß Dörchläuchting die Bachware beim Bäckermeister Christian Schult borgen muße. Als er nun eines schönen Morgens - es war der Himmelfahrstag - vor seinem Schloß auf dem Markt promenierte nahte die Bäckersfrau, um ihm nach vielen einleitenden Worten die ziemlich lange Rechnung zu überreichen. Das war zuviel für einen regierenden Herrn. Durchlaucht schleuderte die Rechnung zur Erde und gab seinen Lakaien Befehl, die Frau zu entfernen. Dies geschah aber nicht ohne die respektwidrigsten Äußerungen der in ihrem Rechte gekränkten Bürgesfrau.

Die Punschgesellschaft im Ratskeller.

Jede gute deutsche Stadt hat von jeher ihren Ratskeller gehabt, so auch Neubrandenburg. In ihm versammelten sich abends die Honorationen der Stadt. Auf unserem Bilde erblicken wir die Tafelrunde, bestehend aus dem Doktor Hempel, der tiefsinnig in sein Glas schaut, dem Stadtrat Fischer, dem Hofrat Altmann und dem Herrn Conrector vom Gymnasium. Der als Gast anwesende Advokat Kägebein aus Neustrelitz trinkt soeben auf das Wohl seiner Auserwählten, vergißt aber im Feuer der Begeisterung seinen Punsch und Hofrat Altmann's Perücke und Sammetweste werden stark mitgenommen. Der Ratskellermeister Kunst läßt den Durchnäßten von seinem Dienstjungen mit einem Wischtuch reinigen und Kägebein, welcher auch dichterisch tätig ist ruft aus:

"Das ist eine schlimme üble Weise,   

Doch sieh, der Sklave eilt ins Bad

und trocken kniendsanft und leise

Vom Punsch den Herrn Hofrat ab."

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Dörchläuchting wird von seinen treuen Untertanen empfangen.

Am Nachmittag des zweiten Pfingstfeiertages versammelten sich nach alter Sitte die Bürger im Nemerower Holz, um dort unter den alten Buchen ein paar Stunden der Freude zu genießen. An dem Tage, mit welchem sich unsere Geschichte beschäftigt, erwartete man auch Dörchläuchting, und bald sah man seine Gondel von der Stadt über den Tollense-See kommen. Am Ufer angekommen wird er von der Liebe seiner Untertanen bald erdrückt, welche Mützen und Hüte hochwerfen und Dörchläuchting hochleben lassen. Von einer Seite naht mit einem Humpen voll Punsch der Ratskellermeister Kunst, von der anderen der Bäckermeister Christian Schult, beladen mit zwei Flaschen seines unvergleichlichen Doppelbieres, welches er Dörchläuchting zu kredenzen gedenkt. Durch alle hindurch hat sich der Advokat Kägebein gedrängt und überreicht seinem Fürsten seine gesammelten Gedichte, welche derselbe huldvoll annimmt und darauf den glücklichen Autor zu seinem Hofpoeten ernennt.

Volksfest im Nemerower Holz.

Ein Volksfest war für alle Neu-Brandenburger ein Ereignis. Würfelbuden in langen Reihen, in denen man wunderschöne Sachen gewinnen kann, wechseln ab mit Zelten,  wo Bier und Wein verzapft wird. Da ist vor allem die Bude des Ratskellermeisters Kunst, wo die Wohlhabenderen sitzen, und den Klängen der Stadtkapelle lauschen. Voll Konkurrenzneid sitzt die Bäckersfrau Schult zwischen ihren Honigsemmeln und dem berühmten Doppelbier, das sie ausschenkt. Um nicht hinter dem Ratskellermeister zurückzustehen, hat sie den Pantoffelmacher, welcher mit seinem Gesellen auch bei Gelegenheit musiziert, gemietet, und reizt ihn durch lockere Versprechungen von Doppelbier und Kümmel, die Stadtmusikanten zu übertrumpfen. Der Herr Conrector gewinnt beim Würfeln eine messingne Schaumkelle, welche er in einer Anwandlung von Galanterie seiner Nachbarin Karoline Salzmann, einer früheren Kammerjungfer der Prinzeß Christel von Mecklenburg - Strelitz, verehrt.

Dörchläuchting in Gewittersnöten .

Eine große Scheu hatte Dörchläuchting vor Gewittern. Seine Angst war so groß, daß im Schlosse die Feuer gelöscht und alle Fenster geschlossen werden mußten; außerdem legte er alles, was Metall war - Schnallenschuhe, Ketten, Ringe - ab und hüllte sich in einen gelbseidenen Schlafrock nebst grünseidener Schlafmütze. So angetan begab er sich in ein Glashäuschen, welches auf einem auf Flaschenhälsen ruhenden Podium stand, so daß er völlig isoliert stand, oben war das Häuschen mit einem seidenen Baldachin bedeckt. Der Herr Conrector, welcher ihm als gebildeter Mann Gesellschaft leisten mußte, hielt ihm, unterstützt von Blitz und Donner, wodurch der alte Herr nachgiebig gestimmt wurde, eine sehr eindringliche Strafpredigt über begangenes und künftiges Unrecht. Er machte in darauf aufmerksam, daß alle seine Vorsichtsmaßregeln überflüssig sind und daß der Mensch, wo er sich auch befinde, klein sei vor der Allmacht seines Schöpfers.