Serie: Jungfrau von Orleans.

  

Bild 1 Bild 2 Bild 3
Erzengel Michael erscheint Johanna im Garten ihres Landhauses in Domremy.

Zu Beginn des 15. Jahrhunderts lebte in dem kleinen französichen Dorfe Domremy, das an der Grenze von Lothringen liegt, ein einfaches Bauernmädchen namens Johanna. Sie war sehr fromm und rechtschaffen, half ihren Eltern in der Wirtschaft und hütete auf den grünen Wiesen ihrer Heimat die Herden. Eines Tages jedoch, als sie gerade im Garten ihres Vaters war, erschien ihr plötzlich die Gestalt eines Engels, der mit einer schimmernden Rüstung  angetan war. Vom Kopf bis zu den Füßen war er ganz von Licht umgeben und in der rechten Hand hielt er ein strahlendes Diadem. Er Sprach: “Erschrick nicht, Jungfrau Johanna. Ich bin der Erzengel Michael und bin gekommen, um Dich zu rufen. Du bist auserwählt, Dein bedrängtes Vaterland von den Feinden zu erretten.”

Johanna erwählt ihren Bannerträger.

Dem Rufe des Erzengels folgend, zog Johanna, das Bauernmädchen auf Domremy nach Chinon, wo der junge König von Frankreich, Karl Vll. weilte. Sie begehrte, vor ihn geführt zu werden. Als sie vorgelassen ward, trat sie auf ihn zu und rief laut: “König von Frankreich, mich sendet der Himmel, damit ich Dein Land befreie und Dich zur Krönung nach Reims führe!” Darauf übertrug ihr der König das Banner. Es war das Zeichen, daß er ihr den obersten Befehl über sein Heer übertrug. Johanna wählte sich den Herzog von Alençon zum Bannerträger. Vor Gott und den Menschen gelobte der junge Ritter, das weiße Banner der Jungfrau zum Siege zu führen.

Johannas Einzug in Orleans.

Seit 80 Jahren schon lag damals Frankreich im Krieg mit seinem Erbfeind, den Engländern. Sieg auf Sieg hatte die stolzen Engländer mitten ins Herz von Frankreich hinein geführt. Das Land schwebte in höchster Gefahr. Da kam Johanna. Ihre erste Tat war ein Sieg über die Engländer bei Orleans und die Befreiung dieser Stadt vom Feind. Mit dem Rufe: “Wer mich liebt, folge mir nach!” stürmte sie an der Spitze ihres Heeres in die Schlacht. Nach erbittertem Kampf mußten die Engländer weichen und am anderen Morgen zog Johanna mit dem siegreichen Heer in Orleans ein. Damals gewann sie die Herzen von ganz Frankreich, man jubelte ihr zu, nannte sie die “Jungfrau von Orleans” und alle glaubten an sie und ihre göttliche Sendung.

Bild 4 Bild 5 Bild 6
Krönung Karl Vll. in Reims.

Seit es Könige von Frankreich gab, waren sie in der stolzen Stadt Reims in Nordfrankreich gekrönt und gesalbt worden. Nun hatten aber damals seit langem die Engländer Reims erobert und hielten es besetzt, so daß die Krönung des jungen Königs Karl Vll. überhaupt noch nicht hatte stattfinden können. Doch hier geschah jetzt eine Wandlung. In atemlosem Siegeslauf drängte die Jungfrau von Orleans die Engländer weiter und weiter zurück. Endlich war Reims frei. Frankreichs junger König konnte gekrönt werden. Im schneeweißen Hermelin kniet er jetzt im Dom vor dem Altar und empfängt die Krone aus den Händen, die Jungfrau von Orleans, die Retterin Frankreichs.

Bischof Cauchon verhört Johanna.

Bald aber wandte sich das Schicksal der Jungfrau von Orleans und das Glück verließ sie. Sie war fromm und ohne Falsch und hatte sich nie in ihrem Leben in irgendwelche Ränke eingelassen. Aber ihre Siegeslaufbahn erregte den Neid gar Vieler und so fiel sie der Mißgunst und dem Aberglauben zum Opfer. Man verdächtigte sie der Zauberei, warf ihr vor, sie habe sich mit dem Teufel verbündet und sei eine Hexe. Endlich nahm man sie eines Nachts plötzlich gefangen und legte sie in schwere, klirrende Fesseln. Man schleppte sie auf die Feste  Crotoy und sperrte sie dort in einen Eisenkäfig, in dem sie sich nicht einmal hinlegen durfte. Dann wurde ein Gerichtshof eingesetzt, in dem der strenge und grausame Bischof Cauchon den Vorsitz hatte. Von diesem Richter wurde Johanna im Hexenprozeß verhört und gepeinigt.

Johannas Tod auf dem Scheiterhaufen.

Das Kriegsgericht hatte die Jungfrau von Orleans der Ketzerei schuldig gesprochen und sie zum Flammentod verurteilt. Stillschweigend nahm Johanna den Beschluß des Gerichtes entgegen. Am Tage der Verbrennung wurde sie von 60 Kriegern auf den Richtplatz zu Rouen geführt. Die Fenster und die Dächer der Stadt waren über und über mit Zuschauern besetzt. Sie trug ein langes, weißes Gewand und betete laut zu Gott. Jetzt wird sie auf den Holzstoß hinaufgeführt und dieser wird angezündet. Während schon der Rauch ihre Gestalt einhüllt, hält ihr der Priester ein Kreuz am langen Stabe vors Angesicht. Bald aber züngeln die Flammen an ihr empor und aus dem dichten Qualm vernimmt man nur noch ihren lauten Ruf: “Jesus, Jesus !”